Gaming-Protest: Warum Spieler systematisch die Hotlines von Visa und Mastercard lahmlegen

Die Gaming-Welt erlebt derzeit eine besondere Welle des Protests. Nachdem Plattformen wie Steam und Itch.io den Verkauf von Spielen mit sexuellen oder gewaltvollen Inhalten eingeschränkt haben, hat die Community jetzt Zahlungsdienstleister wie Visa und Mastercard ins Visier genommen. Wie Polygon berichtet, gehen die Gamer:innen dabei sehr organisiert vor und stellen vor allem die Mitarbeiter:innen der Service-Hotlines vor große Herausforderungen.
Zahlungsdienstleister setzen Plattformen unter Druck
Gaming-Plattformen wollen Spiele, die sich explizit an eine volljährige Zielgruppe richten, stärker regulieren oder ganz aus ihren Stores entfernen. Laut einem Bericht von Wired wurden potenziell problematische Games sogar ohne Vorwarnung aus dem Suchindex von Itch.io entfernt.
Betroffen sind Spiele, die in der Öffentlichkeit als unangemessen gelten, da sie beispielsweise sexuelle Darstellungen, explizite Gewalt oder vulgäre Sprache enthalten. Aber auch Entwickler:innen, die sich mit Themen wie Homosexualität oder psychischer Gesundheit befassen, mussten kürzlich feststellen, dass ihre Spiele nicht mehr in den Suchergebnissen zu finden sind – obwohl sie nicht gegen Richtlinien verstoßen.
Die Empörung in der Community ist groß. Die Plattformen schieben allerdings Zahlungsdienstleistern wie Mastercard und Visa die Schuld für ihre Entscheidung zu. Diese haben offenbar darauf hingewiesen, dass bestimmte Arten nicht jugendfreier Inhalte gegen ihre Richtlinien verstoßen, die teilweise aber nur sehr vage formuliert sein sollen. Um den Verlust der Zahlungsoptionen für den gesamten Shop zu vermeiden, haben Gaming-Plattformen damit begonnen, betroffene Titel zu entfernen. Dabei wird allerdings scheinbar nicht überprüft, aus welchen Gründen Spiele als nicht jugendfrei gekennzeichnet wurden.
Die Proteste sollen zu gezielter Überlastung führen
Dieser Schritt hat innerhalb der Gaming-Community zu einem bizarren Protest geführt: Spieler:innen mobilisieren sich derzeit in sozialen Netzwerken wie Reddit und Bluesky, um Druck auf große Zahlungsanbieter auszuüben. Dazu schreiben sie massenhaft Beschwerdemails oder belegen über Stunden die Warteschleife der Service-Hotline. Ziel dieser Protestform ist es, die Kommunikationswege der Unternehmen so zu überlasten, dass die Verantwortlichen das Thema nicht länger ignorieren können.
Die Gamer:innen gehen bei ihrem Protest äußerst organisiert vor. Online kursieren detaillierte Anleitungen, die zeigen, wie sie den Kund:innensupport der Payment-Riesen möglichst effektiv erreichen können. Auch Vorlagen für E-Mails und Telefonskripte sind darunter zu finden. Ein Nutzer schlägt beispielsweise vor, sich zurückrufen zu lassen, um die Warteschlange zu füllen – und gleichzeitig erneut bei der Hotline anzurufen, um die Wartezeit doppelt zu verlängern.
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Aktueller Protest wirft grundsätzliche Fragen auf
Ausgelöst wurde die Debatte offenbar von der Aktivist:innen-Gruppe Collective Shout, die sich öffentlich über Games beschwert hatte, die nicht-einvernehmliche Gewalt gegen Frauen darstellen. „Wir haben Einwände gegen Vergewaltigungs- und Inzestspiele auf Steam erhoben, wurden aber monatelang ignoriert“, heißt es in einem Blog-Post. „Wir haben uns an die Zahlungsabwickler gewandt, weil Steam nicht auf uns reagiert hat.“ Collective Shout behauptet, Itch.io lediglich gebeten zu haben, Spiele mit sexualisierter Gewalt oder Folter gegen Frauen zu entfernen. Der Onlineshop habe anschließend selbst entschieden, nicht jugendfreie Inhalte auf der gesamten Website zu zensieren.
Der daraus entstandene Protest ist laut, kreativ und hartnäckig. Ob er Wirkung zeigt, bleibt abzuwarten. Die Zahlungsdienstleister betonen unterdessen, sich gesetzeskonform zu verhalten und legale Transaktionen nicht moralisch zu bewerten. Trotzdem bleiben einige Frage offen: Welchen Einfluss nehmen Unternehmen wie Visa und Mastercard tatsächlich auf Inhalte, die auf Gaming-Plattformen verfügbar sind – und wo ziehen sie ihre Grenzen?