Neviges. Kunst in der Kirche: Auf der Empore zeigen 18 Kunstschaffende aus neun Ländern ihre Exponate. Eine Ausstellung, die neugierig macht.
Der „Patient“ harrt regungslos der Dinge, die da kommen. „Wollen Sie auch mal auf den Operationstisch?“, fragt Helmut Bistika gut gelaunt, greift zum Pinsel und streicht vorsichtig über Brust und Bauch der großen Figur, die er da vor sich aufgebahrt hat.
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Bistika ist einer der 18 Kunstschaffenden aus neun Ländern, die in der neuen Ausstellung im Velberter Mariendom ihre Werke zeigen. Zu sehen ab Samstag, 2. August, 15.30 Uhr bei „Art of Spirit – Spirit of Art“, so der Titel der Ausstellung. Sie zeigt das Ergebnis eines spannenden Symposiums, die Kunstschaffenden gehören zur Gruppe „European Artists“. Eine Woche lang haben sie gemeinsam im Pfarrheim „Glocke“ gearbeitet, haben sich gegenseitig inspiriert, viel geredet, viel gelacht. So verschieden die Menschen und ihre Werke, so einmütig ist ihre Meinung über den Ort der Ausstellung.
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Wie er den Mariendom findet? Da reißt Helmut Bistika, der aus der Slowakei nach Neviges gereist ist, weit die Augen auf. „Booaah. Eines der schönsten und interessantesten Gotteshäuser, das ich je gesehen habe. Dieser Dom, das ist Magie.“ Deshalb habe er sich auch etwas Besonderes für diesen Ort ausgedacht: „Das hier, das wird ein riesiger Schutzengel, ich mache einen Koloss. Etwas, das in diese monumentale Kirche aus Beton passt.“
Internationale Künstler stellen in Velbert aus
Sein kolossaler Schutzengel besteht aus diversen Pappkartons, was nicht nur kreativ, sondern in diesem Fall vor allem pragmatisch sei, so der Künstler mit verschmitztem Lächeln: „Ich bin mit dem Flugzeug gekommen, hatte ja nur meine Kleidung dabei. Die Leute haben alle für mich Kartons gesammelt, die habe ich zusammengeklebt.“ Damit der Engel wie aus Beton geschaffen aussieht und sich somit harmonisch in die Architektur des Domes einfügt, wird der Korpus am Ende mit Sand bestreut.

Anreise und Materialbeschaffung waren für Simone Ramshorn denkbar einfach, die Velberterin hat ein Atelier in der alten Schloss- und Beschlägefabrik an der Nordstraße. Auch sie geht bei ihren Bildern auf die Besonderheiten des Ausstellungsortes ein: „Ich kenne ja den Dom, ich weiß, der braucht Helligkeit.“ In ihren klein- und großformatigen Bildern, die Technik ist Acrylfarbe und Ölkreide auf Leinwand, wechselt plakativ Buntes ab mit düsteren Tönen: „Mein Thema ist Zwischenraum, der Bereich zwischen Himmel und Erde. Da, wo sich das Leben abspielt, mit allen Höhen und Tiefen.“ Eben das spiegelten die Farben wider. „Das Thema hab ich mit gesetzt, weil es gut in den Dom passt“, sagt die Velberterin, die es genossen hat, „sich eine Woche nur auf Kunst zu konzentrieren, das ist schon Luxus“.
Der Dom beeindruckt stets aufs Neue

Vernissage mit Musik
„art of spirit – spirit of art“ wird am Samstag, 2. August, 15.30 Uhr im Dom eröffnet, Klosterstraße 5. Bei der Vernissage spricht unter anderem Wallfahrtsleiter Abbé Thomas Diradourian. Musikalisch begleitet wird die Eröffnung von Abbé Ignace Duchatel am Cello.
Die Ausstellung ist bis zum 4. September täglich geöffnet zu den Öffnungszeiten des Domes, also von 9 bis 19 Uhr oder nach Vereinbarung unter 0151 1515 1082. Der Eintritt ist frei.
Öffentliche Führungen gibt es unter anderem am Dienstag, 5. August, 11 Uhr; Dienstag, 12. August, 17 Uhr; Mittwoch, 20. August, 10 Uhr.
Holz, das er mit der Kettensäge und dem Torten-Spachtel bearbeitet – „kein Pinsel“ – ist das Lieblingsmaterial des Künstlers Ralf Klement. Der aus Thüringen stammende Bildhauer und Maler hat schon mehrmals bei den „European Artists“ Ausstellungen im Dom mitgemacht. „Ich bin jedes Mal aufs Neue beeindruckt von dem, was Böhm da geschaffen hat“, sagt er in Anspielung an den weltbekannten Architekten Gottfried Böhm, der noch mit 98 Jahren hinauf auf das Dach seines Mariendoms fuhr. Warum sich Ralf Klement mit besonderer Leidenschaft der Malerei widmet: „Da bin ich am freiesten. In der Skulptur hat jeder Schritt etwas Endgültiges. Aber hier, da kann ich mich austoben, immer wieder Neues entdecken.“
Liebeserklärung an das Rosenfenster

Berühmt und viel bewundert im Dom ist unter anderem das von Böhm entworfene Rosenfenster. Dessen Farben waren für die Velberter Künstlerin Ilona Reinhardt Vorbild für ihre textilen Arbeiten. Organza und hauchdünner Filz gehen hier eine spannende Symbiose ein. „Natur“ ist ein weiteres Thema, hier verwendet Reinhardt echte Hortensien-Blüten. Dass auch Fotos Kunst sein können, beweist das Ehepaar Insook Ju und Sukyun Yang aus Düsseldorf. Ihr stets wiederkehrendes Motiv sind Vögel, die vorherrschende Farbe ist Blau in allen Schattierungen: „Blau steht für inneren Frieden, für Klarheit. Eine wunderbare Farbe in der Kunst“, sagt Insook Ju, die, wie ihr Ehemann, an der Kunstakademie Münster studiert hat.

„Art of Spirit – Spirit of Art“, wurde auf die Beine gestellt von der Nevigeser Künstlerin Karola Teschler, die auch den Verein „European Artists“ 2003 gegründet hat. Die Zwangspause während der Corona-Pandemie ausgenommen, stellen seitdem jedes Jahr Kunstschaffende aus vielen Ländern ihre Werke im Dom aus. Die am weitesten angereiste Künstlerin stammt in diesem Jahr aus Ägypten. „Ich habe den Kontakt zu Weaam El-Masry auf einer Ausstellung in Kairo geknüpft, sie hat sofort zugesagt“, erinnert sich Karola Teschler. Auch nach all den Jahren empfindet sie es als besonderes Geschenk, Kunst im Dom zeigen zu dürfen. „Dieser Ort gibt einfach jede Menge Spirit.“